Anpassungsstörung

Fast sieben Jahre nach dem Krebs wird langsam deutlich, was mit mir nicht stimmt. Ich hatte bereits geschildert, dass es mir seit meiner Krebserkrankung oft nicht gut geht. So richtig greifbar wurde es aber nie und konkret diagnostiziert erst recht nicht. So lange ich meine Wut lautstark äußern konnte, schien ich in den Augen der Medizin kein Notfall zu sein. Ich war gefangen im Märchen von der psychotherapeutischen Krebsbegleitung. Nun kommt allmählich Licht ins Dunkel: Ich habe eine Anpassungsstörung. Als besonders hilfreich bei dieser Diagnose erwies sich ein Gespräch mit einer Psychotherapeutin, das ich Ende letzten Jahres tatsächlich noch in Anspruch nehmen durfte.

Endlich ausführliches Gespräch mit Psychotherapeutin

Nach meinen ersten erfolglosen Versuchen, telefonisch ein Erstgespräch für eine Psychotherapie zu bekommen, hatte ich kurz vor Weihnachten endlich Glück. Ich durfte mich mit einer Psychotherapeutin treffen und ihr alles erzählen, was mir auf der Seele brannte. Ich fing ganz vorne an, erzählte vom Tag der Krebsdiagnose, von den anschließenden Operationen und der Rückkehr in den Alltag. Wir sprachen übers Kinderkriegen, über Werte und Bedürfnisse und über Familie. Und ich erzählte von meiner eigenen Kindheit und vom Tod meines Vaters.

Von meinem Gegenüber war ich begeistert. Die Therapeutin hörte mir aufmerksam zu, stellte knappe Zwischenfragen, machte sich Notizen und zeigte echte Anteilnahme und Betroffenheit. Ich fühlte mich ernst genommen und verstanden. So hatte ich mir das vorgestellt.

Spontan vereinbarten wir einen weiteren Termin für die folgende Woche. Eine Lücke im Terminkalender machte es möglich. Diesmal stellte die Psychotherapeutin mehr Fragen und bohrte bei bestimmten Themen genauer nach. Ich hatte alle Zeit der Welt, um meine Gefühlslage offenzulegen und zu besprechen. Mir gefiel das.

Nach diesen beiden Gesprächen folgte ein erstes Fazit. Eine gravierende psychische Erkrankung hätte ich nicht, sagte die Expertin. Allerdings läge bei mir etwas vor, das nach einschneidenden Lebensereignissen, wie ich sie erfahren habe, nicht unüblich sei: Eine Anpassungsstörung.

Veränderte Umstände nach dem Krebs

Wie der Name schon sagt, habe ich Probleme damit, mich anzupassen. Und zwar den veränderten Umständen durch meine Krebserkrankung. Ich merke es ja selber jeden Tag. Irgendwas ist anders. Ich vertrage keinen Stress mehr und bin oft ungehalten. Ich ziehe mich zurück und brauche viel Zeit für mich. Und jetzt habe ich es schwarz auf weiß. Diese Diagnose beruhigt mich etwas. Gewissheit ist ein Segen. Mit diesem neuen Wissen über die Folgen meiner Krebskrankheit kann ich mit den veränderten Umständen etwas besser umgehen und mentale Unstimmigkeiten besser einordnen. Und mein Umfeld vielleicht auch.

Von einer Lösung des Problems bin ich allerdings noch weit entfernt. Weitere Gespräche und Untersuchungen sind nötig, um mit dieser Anpassungsstörung fertig zu werden. Die beiden Gespräche waren noch keine Therapie. Diese müsste nun folgen. Doch Zeit und Plätze dafür sind weiterhin Mangelware. Ich stehe auf einer Warteliste. Um die Zeit zu überbrücken, wurde mir eine Beratungsstelle empfohlen. Noch sind die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Ich bleibe dran.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..