Ein Konsil oder Konsilium ist laut Definition eine Beratung mehrerer Ärzte meist aus verschiedenen Fachbereichen über einen Krankheitsfall. Als ich während meiner zweiten, aktuell noch laufenden Reha kürzlich ein solches Konsil, genauer gesagt ein urologisches Konsil, auf dem Therapieplan stehen hatte, erwartete ich also Großes. In meiner Vorstellung saß ich mit mehreren Medizinern an einem Tisch und sprach über meine Erfahrungen mit dem Peniskrebs. Irgendwas mit Flipchart, Whiteboard und Beamer. Möglicherweise würde Gebäck gereicht. Ich stellte mich auf spannende Stunden ein.
Nach kurzer Wartezeit vor dem Sprechzimmer wurde ich hinein gebeten. Eine Ärztin so um die 60 deutete auf einen freien Stuhl ihr gegenüber auf der anderen Schreibtischseite. Ich setzte mich. Sie aktivierte ihren Kugelschreiber.
„Bei Ihnen wurde also die Vorhaut entfernt?“, begann sie.
„Ja, richtig, und noch einiges mehr“, antwortete ich.
„Erzählen Sie doch mal.“
Und ich erzählte. Vom Peniskrebs und der Entfernung der Eichel und der Rekonstruktion durch ein Stück Haut aus dem Oberschenkel. Und davon, dass ich zumindest meine Harnröhre behalten durfte. Und von der Entfernung der Lymphknoten in der Leiste. Und schließlich von der Korrektur der Vorhaut eineinhalb Jahre später.
„Wie viel später war die Entfernung der Vorhaut?“, fragte sie.
„Rund eineinhalb Jahre später“, sagte ich.
„Wenige… Monate… später… Vorhaut…“, murmelte sie, während sie sich entsprechende Notizen machte. Ich beließ es dabei. Über die Definition von „wenige Monate“ wollte ich nun nicht auch noch diskutieren, wo ja schon unsere Vorstellung eines Konsils weit auseinander zu gehen schienen.
„Ich schaue mir das gerne auch einmal an“, sagte sie dann.
Das hatte ich erwartet. Alle Mediziner, die mich zum ersten Mal vor sich hatten, wollten gerne mal schauen. Voll ok.
Also ab auf die Liege und Hose runter.
„Ach, das ist ja richtig schön geworden!“, sagte die Urologin beim ersten Blick auf meinen Penis. „Und der Harnröhrenausgang… ich verstehe. Der ist wieder angenäht, aha… Etwas sternenförmig, so so…“
Ich durfte mich wieder anziehen und setzen.
Die Stimmung war nun weniger medizinisch, sondern etwas persönlicher. Wie alt ich denn gewesen sei? – 36 Jahre. Ja, ziemlich jung. – Der jüngste Patient mit Peniskrebs, den sie bislang gehabt hätte, sei irgendwas Ende 40 gewesen. Normalerweise alle viel älter. – Ja, ich weiß. Alles sehr schwierig. Trotzdem bin ich noch Vater geworden. Das war nicht leicht, doch es hat geklappt. – Na ja, leicht (Lebensweisheit bitte hier einfügen.)
Das war am Ende aber alles sehr nett und das sagte ich ihr auch. Alles Gute. Tschüss.
Das so hochtrabend klingende Konsil war nach 15 Minuten wieder beendet. Mit einem Lächeln hinter meiner Maske verließ ich das Sprechzimmer. Dieser Termin war definitiv einer der positiveren meiner Reha.
Foto: Tima Miroshnichenko/Pexels
Ich hatte Brustkrebs. Das lief am Ende ähnlich ab. Zum Thema Brust und Bestrahlung:“Ja, die ist kleiner, Fett beutelt eben!“. Ich lachte. Diesen Humor können nur wir uns erlauben….
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Ja, wir dürfen das. 😁
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Brutzelt…. Eben erst den Tippfehler gesehen!
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Die hat tatsächlich gesagt: Fett brutzelt eben ! So…. Jetzt richtig getippt.
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„Beutelt“ passt aber auch irgendwie. :-)
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