Sex-Odyssee durch den „Stern“ (4:30)

Was ist nur aus dem guten, alten „Stern“ geworden? Obwohl… Ob das Magazin mal gut gewesen ist, kann ich eigentlich gar nicht beurteilen, denn die Male, die ich es ernsthaft durchblätterte, lassen sich an einer Hand abzählen. Doch so wie ich es letztens erlebte, kann es auf keinen Fall schon immer gewesen sein. Und es sollte schleunigst wieder anders werden. Zumindest online, denn dort trieb ich mich vor kurzem herum.

Wie ich dorthin gelangt war, weiß ich nicht mehr genau. Eben scrollte ich mich noch durch meine Timeline bei Facebook und einen nichtsahnenden Klick später fand ich mich auf den Internetseiten des „Stern“ wieder, besser gesagt auf der Seite mit dem Artikel „Hans Entertainment – das neue Facebook-Phänomen“. Wer ihn nicht kennt: Hans Entertainment ist ein dicker, blonder Bengel mit Sonnenbrille, der durch den Song „Hoch die Hände, Wochenende“ eine zweifelhafte Internetbekanntheit erlangte.

Da der Artikel seiner spannenden Überschrift nicht gerecht wurde, scrollte ich weiter nach unten auf der Seite. Und damit nahm die sexuell überfrachtete Odyssee durch die Internetseiten eines deutschen Traditionsmediums ihren Lauf.

Unten auf der Seite wurden mir weitere Artikel zum Weiterlesen empfohlen. Ich hatte die Wahl zwischen „Riesenhamster macht Londons Straßen unsicher“ und „Geheimnis der Porno-Industrie: Das verdienen Sexfilm-Darsteller und Co.“ Schwierige Entscheidung, klar. Ich entschied mich für die Porno-Gehaltsliste und ging im Geiste schon mal meinen Lebenslauf für eine entsprechende Bewerbung durch.

Darsteller verdienen mehr als Kameramänner, das war klar, doch was ich beim Lesen des Artikels wirklich gelernt habe, ist, dass es bei Pornofilmen tatsächlich Drehbuchautoren gibt. Und die bekommen dafür sogar Geld. Während ich den Artikel zu Ende las, schrieb ich im Kopf drei komplette Porno-Drehbücher. Die Handlung war einfach und die Regieanweisung bestand eigentlich nur aus einem einzigen Satz. Zack – das wären 1500 Euro gewesen!

Jetzt hatte ich wieder die Wahl. Sollte ich mit „Diese Hackfleischkartoffeln aus dem Ofen sind der Wahnsinn“ oder mit „Erotikstar dreht Porno bei ‚Germanys Next Topmodel‘-Finale“ weitermachen? Ich blieb meiner Pornolinie treu und informierte mich über das Treiben von „Künstlerin“ (prust!) Aische Pervers (zusammenbrech!) bei besagter TV-Show. Anschließend klickte ich unten auf der Seite auf den Hashtag „kamera“ und bekam als Weiterleseempfehlung „Stell dir vor, du guckst einen Porno und wirst dabei beobachtet“ und „Auf allen Vieren nackt im Feld“.

Ich entschied mich für „Auf allen Vieren nackt im Feld“. Worum es dabei ging, weiß ich nicht mehr. Ich wurde der Erotik langsam überdrüssig. Ich brauchte etwas Handfestes. Schließlich war das doch hier der „Stern“! Also Qualitätsjournalismus, oder?! Von meinem Weg abweichend klickte ich am Ende des Artikels nicht auf „Erotik kennt keine Kleidergröße“, sondern auf „McDonald’s-Mitarbeiter warnt: Essen sie niemals diesen Burger“.

Das Thema bei McDonalds hatte ich auch gleich wieder vergessen, denn am Ende dieses Berichtes wurde mir schließlich neben „Airbus lässt den schnellsten Helikopter der Welt patentieren“ auch „Mia Khalifa – Porno-Queen zwischen Lust- und Hassobjekt“ vorgeschlagen. Hubschrauber finde ich langweilig, also musste Mia Khalifa ran. Ganz so schlimm war das auch gar nicht, denn in dem Text ging es um Morddrohungen gegen das junge Talent, das ab und zu mal einen Porno mit Kopftuch dreht. Den Artikel heftete ich innerlich unter „Politik“ ab und ging wieder über zu den Leseempfehlungen.

Die Überschrift „Hüllenlos am heißen Strand“ weckte natürlich sofort mein Interesse, aber ich entschied mich dann doch für „Schwule Geier adoptieren verwaistes Ei“. Damals bei der Presse wurde mir schließlich der Satz „Tiere und Feuer gehen immer!“ eingebläut. Echt süß die beiden Gayer! (Wortspiel kommt von mir. Knaller, oder?) Das war es dann aber auch mit meiner Aufmerksamkeitsspanne.

Unter den schwulen Geiern wurde mir schließlich „Stern.de auf Facebook folgen“, „Stern online lesen“ und „Newsletter abonnieren“ vorgeschlagen. „Welche News?“, fragte ich mich, klickte die Stern-Internetseite weg und machte Mittagspause. Bei Burger King.

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