Was viele nicht wissen, aber vielleicht ahnen: Ich bin ja blind wie ein Maulwurf. Und das schon viele Jahre. Obwohl: Wie blind Maulwürfe wirklich sind, weiß ich eigentlich gar nicht. Sagt man halt so. So wie „Blindfisch“, aber das trifft es auch nicht. Sorry, ich schweife ab.
Seit gut 30 Jahren bin ich nun schon Brillenträger. Und das größtenteils aus Überzeugung und weil es für mich in meinen Augen (hihi!) keine akzeptable Alternative zum guten alten Nasenfahrrad gibt. Über Kontaktlinsen beispielsweise habe ich mir in all dieser Zeit sehr selten Gedanken gemacht. Zuletzt wegen meiner kleinen neugierigen Tochter, die meine Brille ständig mit einem Fingerabdruck-Scanner verwechselt und mit ihren beherzten Patschehändchen vergeblich versucht, Zugang zum Geheimlabor zu bekommen.
Auch in Verbindung mit der derzeit geltenden Maskenpflicht habe ich wieder öfter über Kontaktlinsen nachgedacht, weil ich lange Zeit keine passende Maske für Brillenträger finden konnte. Die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in vielen Bereichen hat das noch verschärft. Vor allem an beschlagenen Brillengläsern bin ich zwischenzeitlich verzweifelt.
Mit Kontaktlinsen hätte ich diese Probleme nicht. Und auch dabei spreche ich aus Erfahrung. Denn, wie ich mich letztens erst erinnerte, habe ich vor einigen Jahren tatsächlich einmal Kontaktlinsen besessen und benutzt. Und das kam so:
Wir schreiben das Jahr 2001. Das neue Jahrtausend hatte sich so langsam eingegroovt, der große Millennium-Crash war ausgeblieben und ich bereitete mich auf den Beginn meines Studiums vor. Vorher durfte ich jedoch noch einmal am Skikurs meiner alten Schule teilnehmen.
Es war damals so etwas wie Tradition an meinem Gymnasium, dass an der jährlichen Skifreizeit der Schülerinnen und Schüler auch eine Handvoll Alumni teilnehmen durften. So war es auch gewesen, als ich zwei Jahre zuvor, kurz selbst vorm Abitur stehend, erstmals zum Skifahren nach Österreich mitgekommen war. Es war ein richtiger Sportkurs, der sogar benotet wurde und im Zeugnis auftauchte. Wichtige Sache also. Ich wedelte den Prüfungshang mit größtmöglicher Eleganz herunter, bekam dafür zehn oder zwölf Punkte und war zufrieden.
Bei diesem ersten Skikurs war ich allerdings gehörig genervt von meiner Brille. Ich hatte damals noch eine Fassung aus Metall. Für die Stunden auf der Piste ließ ich die Brille wie gewohnt auf der Nase und setzte die Skibrille einfach darüber. Am Ende des Tages hatte ich tiefe Druckstellen an Nase und Stirn und etwas verbogen hat sich das Gestell dabei auch, glaube ich.
Für den zweiten Skikurs wollte ich mich deswegen mit Kontaktlinsen versorgen. Den Termin zum Anpassen beim Optiker werde ich nie vergessen. Ich saß in einem Stuhl wie beim Zahnarzt und ein Mitarbeiter setzte mir nacheinander die Linsen ein. Nach der ersten Linse war noch alles ok. Nachdem die zweite Linse eingesetzt worden war, wurde mir jedoch schwarz vor Augen. Der Mitarbeiter öffnete das Fenster, damit ich frische Luft schnappen konnte und kurz darauf hatte ich mich wieder gefangen. Das Phänomen sei ihm durchaus bekannt, sagte er. Er erklärte es damit, dass die meisten Kunden mit einer gewissen Anspannung zu ihm kämen, die mit dem Einsetzen der Linsen dann schlagartig abfiel und zu Kreislaufproblemen führte. Fand ich mal wieder interessant.
Während des zweiten Skikurses in Österreich, an dem ich als ehemaliger Schüler meines Gymnasiums teilnehmen durfte, erfüllten die Kontaktlinsen durchaus ihren Zweck. Genervt war ich trotzdem, denn ich brauchte morgens circa 20 Minuten, bis ich beide Dinger drin hatte. Während ich im großen Badezimmer unserer Ferienwohnung verzweifelt mit Kontaktlinsen und Augenlidern kämpfte, trat eines Morgens ein weitere Kursteilnehmer ans Waschbecken neben mir und benötigte jeweils nur wenige Sekunden, um sich seine Linsen auf die Augen zu setzen. Schwuppdiwupp links, zickedizack rechts. Er blickte prüfend in den Spiegel, grinste mich an und verließ das Bad wieder. Ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.
Kurz darauf hatte ich es endlich auch geschafft und stand belinst und in voller Skimontur an der Haltestelle für den Skibus. Der Skilehrer schaute mich stirnrunzelnd an und fragte mich, warum ich so rote Augen hätte. Ob er mir meine Erklärung glaubte, weiß ich nicht.
Kontaktlinsen haben mich also immer gestresst. Und so bin ich über die Jahre zu einem überzeugten, eingefleischten und stolzen Brillenträger geworden. Glücklicherweise habe ich vor kurzem endlich eine FFP2-Maske für Brillenträger gefunden, die die Brillengläser tatsächlich nicht so stark beschlagen lässt. Und seit meine kleine Tochter laufen und somit tausend neue interessante Dinge erreichen kann, hat die Faszination für meine Brille auch wieder etwas nachgelassen. Die Kontaktlinsenindustrie wird wohl auch weiterhin ohne meinen Beitrag auskommen müssen.
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