Ein Marathonlauf sind 42,195 Kilometer. Der Weltrekord der Männer liegt bei knapp über zwei Stunden. Die meisten Hobbyläuferinnen und -läufer absolvieren einen Marathon in dreieinhalb bis fünf Stunden. Doch wie schaffe ich überhaupt einen Marathon? Wie und vor allem wie lange muss ich dafür trainieren? Welche Ausrüstung ist sinnvoll? Und was muss ich beim Laufen alles beachten? Ich persönlich bin 2022 meinen allerersten Marathon gelaufen. Von der konkreten Idee bis zum Startschuss waren fast sechs Jahre vergangenen. Hier ein paar meiner Erfahrungen, Tipps und Ratschläge für einen erfolgreichen Marathonlauf:
Marathonplanung – Realistische Ziele setzen und Geduld haben
Wenn ein Marathon zu euren Life Goals gehört, das ihr euch unbedingt einmal erfüllen möchtet, solltet ihr euch Zeit nehmen, euch realistische Ziele setzen und mit Geduld an die Sache herangehen. Wo steht ihr lauftechnisch gerade? Gehört regelmäßiges Laufen oder Joggen zu eurem Alltag? Lauft ihr regelmäßig fünf bis zehn Kilometer? Oder vielleicht auch mal mehr? Oder seid ihr absolute Anfänger und startet bei null?
Ich persönlich laufe, seitdem ich 15 Jahre alt bin. Bis 2019 bin ich allerdings nie weiter als zwölf Kilometer gelaufen. Ich war also kein blutiger Anfänger, brauchte für die anvisierte Langstrecke aber noch einiges an Training. Wer noch nie in seinem Leben gelaufen ist, sollte mit ganz kleinen Schritten anfangen. Die ersten drei Kilometer ohne Pause sind schon ein Erfolg. Und dann immer weiter.
Meine Empfehlung: Setzt euch realistische Ziele. Geht nicht davon aus, dass eine Marathonvorbereitung in wenigen Monaten zu machen ist, vor allem ohne Vorerfahrung. Bei mir hat die Marathonplanung von der allerersten konkreten Idee bis zur Umsetzung fast sechs Jahre gedauert. Auslöser war meine Krebsdiagnose 2016. Diese Erfahrung hat mir genug Motivation gegeben, das Marathonvorhaben umzusetzen. Doch es war ein langer Weg. Hier eine kleine Zeitleiste zur Orientierung:
2016 →→→ | 2017 →→→ | 2018 →→→ | 2019 →→→ | 2020 →→→ | 2021 →→→ | 2022 →→→ |
– August: Krebsdiagnose, erste Operation – September: zweite Operation | – Februar: erstes Lauftraining nach dem Krebs, drei Kilometer – März: erster Fünf-Kilometer-Wettkampf – Juni: erster Zehn-Kilometer-Wettkampf | – Mai: dritte Operation | – September: erstes 14-Kilometer-Training überhaupt – Oktober: erster Halbmarathon | – Zwangspause wegen Corona | – März: zweiter Halbmarathon – Mai: dritter Halbmarathon | – März: erstes 25-Kilometer-Training überhaupt – Mai: erster Marathon |

Wie trainiere ich für einen Marathon?
Nachdem ihr eure realistischen Ziele gesetzt habt, geht es ans Training. Fangt einfach mal an und schaut, wie es so läuft. Ich persönlich habe mich in den vergangenen Jahren immer in Zwei- bis Drei-Kilometer-Schritten an meine Zieldistanz herantrainiert. Nach den zehn Kilometern kamen eine Woche später die zwölf. Dann die 14, die 16 und immer so weiter. Vor meinem ersten Halbmarathon habe ich im Training Strecken bis 20 Kilometer trainiert. Erst dann fühlte ich mich sicher.
Für den Marathon wollte ich im Training mindestens 30 Kilometer schaffen und bin dann sogar 31 gelaufen. Das war gut fürs Selbstvertrauen. Jede Woche habe ich auf diese Weise eine lange und dazwischen ein bis zwei kurze Distanzen absolviert. Ihr müsst es nicht genauso machen. Testet einfach mal aus, wie es bei euch am besten passt. Aber einen kompletten Marathon im Training würde ich persönlich nicht laufen.
Mein Training für den Marathon sieht beispielsweise so aus (Angaben in Kilometer):
Woche | Sonntag | Montag | Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag | Samstag |
1 | 25 | frei | 6 | frei | 8 | 12 (Radfahren) | frei |
2 | 28 | frei | 7 | frei | 10 | frei | frei |
3 | 30 | frei | frei | 6 | 13 (Radfahren) | frei | frei |
Wie plane ich mein Marathonrennen?
In meinem Arbeitszimmer hängt ein großer Jahreskalender im Posterformat. Dort trage ich mir die Läufe ein, die über das Jahr verteilt für mich in Frage kommen könnten, beispielsweise einen Zehn-Kilometer-Lauf, einen Halbmarathon und einen Marathon. Und eventuell noch was kleines im Sommer oder im Herbst. Außerdem plane ich auf dem Kalender grob mein Training, indem ich eintrage, zu welchem Datum ich eine bestimmte Distanz trainiert haben muss, damit beispielsweise zum Marathon alles passt.
So ist es durchaus sinnvoll, drei bis vier Monate vor dem anvisierten Marathon mit dem Intensivtraining und der Steigerung der Distanzen zu beginnen. Vor meinem ersten Halbmarathon und auch vor dem ersten Marathon wollte ich auf Nummer sicher gehen, dass ich die Distanz auf jeden Fall schaffen kann. Bis jeweils zwei Wochen vorher habe ich trainiert, bis die 20 beziehungsweise die 31 Kilometer standen. Und auch dann habe ich mich erst fest für die Läufe angemeldet.
Das erste Marathonrennen: Was ist auf der Strecke zu beachten?
Für meinen ersten Marathon fiel meine Wahl auf einen relativ kleinen Wettkampf in Flensburg. Die Strecke bestand aus einem 10,55 Kilometer langen Rundkurs, der viermal absolviert werden musste. Nachteil: Ich lief dreimal am Ziel vorbei, ohne die Ziellinie überqueren zu dürfen. Vorteil: Nach der ersten Runde kannte ich die genauen Standorte der Verpflegung. Und auch meine Begleitung hat mich sehr oft anfeuern können, weil ich immer wieder vorbeigelaufen kam. Orientiert habe ich mich an den Pacemakern mit der Zielzeit von 4:30 Stunden. Das ging lange gut, doch irgendwann musste ich abreißen lassen.
Beim Marathon geht es um ein Zusammenspiel von Körper und Geist. Man sollte es nicht zu schnell angehen, um am Ende noch genügend Kraft zu haben. Und man muss irgendwie den Kopf beschäftigen. Bei mir hat das ziemlich gut geklappt, indem ich immer wieder meinen Verpflegungsplan durchgegangen bin. Und wenn dann die Kraft doch irgendwann schwindet und sich die Pacemaker immer weiter entfernen, sollte man sich nicht verrückt machen lassen und einfach weiterlaufen. Tempo rausnehmen, konzentriert bleiben, einen Schritt vor den nächsten setzen. Bis zu nächsten Verpflegungsstation. Trinken, essen, weiterlaufen. Und auf einmal passiert man Kilometer 42 und hat kurz darauf das Ziel erreicht.

Welche Ausrüstung für einen Marathon?
Trinkrucksack? Kompressionsstrümpfe? Kopfhörer? Was ist sinnvoll für einen Marathonlauf? In erster Linie müsst ihr selbst ausprobieren, was für euch am besten passt. Manche laufen noch bei Minusgraden in kurzer Hose, andere tragen bei zehn Grad noch Handschuhe. Ich persönlich laufe gerne bei etwas milderen Temperaturen in kurzer Kleidung. Dadurch habe ich mehr Bewegungsfreiheit und weniger Ballast. Bei Strecken von mehr als zwölf Kilometern trage ich spezielle Kompressionslaufsocken. Die tragen zur Stabilität bei und haben vor allem den Effekt einer kürzeren Regeneration nach dem Lauf.
Mit Musik bin ich früher mal gelaufen, heute aber nicht mehr. Handy und Kopfhörer stören mich. Ich möchte beim Training meine Umgebung wahrnehmen. Beim Wettkampf bin ich noch nie mit Kopfhörern gelaufen. Mit Trinkflaschen habe ich in den vergangenen Jahren viel experimentiert. Je länger die Strecke, desto höher der Bedarf an Wasser und Energiegels. Nach viel Ausprobieren trage ich bei längeren Trainingseinheiten mittlerweile einen flexiblen Belt. Der sieht so ähnlich aus wie ein Nierenwärmer, hat aber Fächer, Haken und Ösen für Wasser, Gelpäckchen und Schlüssel.
Und dann habe ich kürzlich die „Soft Flasks“ entdeckt, flexible Trinkflaschen aus Silikon, die ihr Volumen verringern, je leerer sie werden. So schleppe ich am Ende des Trainings nicht leere Trinkflaschen mit mir herum, sondern kann die flexiblen Behälter zusammendrücken und platzsparend verstauen. Wieder weniger Ballast und mehr Bewegungsfreiheit.
Die richtige Verpflegung während eines Marathonlaufs
Wasser und Energiegels – daraus besteht hauptsächlich meine Verpflegung während eines Marathons. Ein ordentliches Frühstück mit viel Kohlenhydraten ist eine gute Basis für das Rennen, beispielsweise Vollkornbrot mit Nuss-Nugat-Creme. Ein Kaffee zum Wachwerden ist auch in Ordnung. Trinkt aber nicht zu viel Kaffee, denn Koffein entzieht dem Körper wertvolle Flüssigkeit und ihr müsst möglicherweise kurz nach dem Start wieder auf Toilette. Kurz vor dem Rennen, gerne auch auf dem Weg zur Startaufstellung empfehle ich, eine Banane zu essen. Das liefert schnelle Energie für die ersten Kilometer.
Auf der Strecke kann man dann gerne jeden Verpflegungsstand mitnehmen und zumindest einen kleinen Schluck Wasser trinken, auch wenn man zu Beginn noch gar keinen großen Durst verspüren sollte. Wichtig ist, Hunger und Durst entgegenzuwirken, bevor sie entstehen, sonst hängt man irgendwann dem berühmten „Hungerast“ hinterher. Andere Verpflegung wie Energiegels, Bananen oder auch Cola würde ich im Training einmal ausprobieren, um Verträglichkeit und Wirkung zu testen. Manche Produkte haben bei mir beispielsweise Magenprobleme ausgelöst und die kann man beim Marathon nun wirklich nicht gebrauchen.
Für eine gewisse Struktur während des Rennens empfiehlt sich ein grober Verpflegungsplan. Alle zweieinhalb bis fünf Kilometer sollte man einen Schluck Wasser trinken, alle fünf bis sieben Kilometer ein Energiegel zu sich nehmen. Für das Rennen hatte ich mir ein paar Gelpäckchen in die Hosentasche gesteckt. Wasser gab es an jeder Verpflegungsstation. Bei manchen Läufen gibt es auch Energiegels an den Stationen.
Adrenalin und Psyche: Ein Marathon wird auch im Kopf entschieden

Ein Marathonlauf ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine mentale Herausforderung. Natürlich muss in erster Linie der Körper trainiert werden, damit die Beine auch 42,195 Kilometer durchhalten. Doch auch der Kopf muss die vier bis fünf Stunden beschäftigt werden. Zahlreiche Faktoren haben einen Einfluss auf das Gelingen eines Marathonlaufs. Schlechtes Wetter kann einen runterziehen, vor allem, wenn man für einen Lauf im Frühjahr hauptsächlich im Winter trainiert, wenn es kalt, feucht und dunkel ist. Disziplin ist gefragt. Auch dabei helfen realistische und erreichbare Ziele.
Und wenn es mal nicht so gut läuft, kommt der Kopf zum Einsatz. An miesen Trainingstagen, an denen man zwischendurch am liebsten aufhören und umdrehen möchte, sollte man sich fragen: Wo liegt denn gerade das Problem? Wer hat hier momentan keine Lust? Sind es die Beine, die aufhören möchten? Oder ist es der Kopf? Geht es den Beinen gut? Zwickt es irgendwo? Tut es weh? Nein? Dann weiter! Die Beine machen das schon! Sie sind gut trainiert und bringen dich ans Ziel. Oder hat der Kopf keine Lust? Weil dort drin so viel los ist? Stress bei der Arbeit? Nervt das Wetter? Oder der Nachbar? Lauf noch ein Stückchen weiter und schau mal, ob es dann nicht besser wird. Du knackst gleich die 24-Kilometer-Marke. So viel am Stück bist du in deinem ganzen Leben noch nie gelaufen! Und nächste Woche läufst du noch weiter. Und später dann den Marathon. Du bist Marathonläufer!
Es gibt diesen schönen Spruch: „Never trust the first mile“. Soll heißen: Ob megagut oder megaschlecht, vertraue niemals deinem Laufgefühl auf den ersten Kilometern. Lass dich nicht runterziehen, wenn es zu Anfang so gar nicht läuft. Wenn es zwickt und drückt und du gefühlt gar nicht vom Fleck kommst. Gib dir und deinem Körper ein bisschen Zeit, um warm zu werden. Nach zwei bis drei Kilometern sieht es meist ganz anders aus. Die Beine sind warm, das Tempo gefunden. So kann es weitergehen.
Aber auch wenn es zu gut läuft, ist Vorsicht geboten. Manchmal fühlt man sich zu Beginn unbeschreiblich gut. Man könnte Bäume ausreißen. Und am liebsten würde man lossprinten und die zehn Kilometer in neuer Bestzeit hinter sich bringen. Doch der Hammer kommt früher als man denkt. Hinter der nächsten Kurve geht plötzlich nichts mehr, weil man sich zu schnell verausgabt hat. Lasst euch nicht von einem zu guten Gefühl verleiten. Manchmal muss man sich regelrecht zwingen, langsam zu laufen. Und je länger die Strecke, desto mehr empfiehlt es sich, mit seinen Kräften zu haushalten und sich noch etwas für später aufzusparen. „Zu Beginn eines Marathons kann man noch nichts gewinnen, aber schon viel verlieren“, lautet eine andere Läuferweisheit, die ich gerade erst aufgeschnappt habe.
Macht eure eigenen Erfahrungen
Ratschläge und Tipps gibt es viele. Die Erfahrungen von anderen können hilfreich sein und euch eine erste Richtung und Idee für die Verwirklichung eures Marathontraums geben. Aber was nützen euch Hinweise von Menschen, die im Jahr 2000 Kilometer abreißen und die zehn Kilometer in 35 Minuten schaffen, wenn ihr gerade erst am Anfang steht und stolz auf die ersten drei Kilometer am Stück seid? Macht bitte auch eure eigenen Erfahrungen und lasst euch nicht von den halbprofessionellen Cracks runterziehen, die bei Social Media mit einer Bestleistung nach der anderen um die Ecke kommen und eine Pace von 5:15min/km als „lockeres Läufchen“ bezeichnen.
Ich persönlich brauche keine Musik beim Laufen und bisher auch keinen Trinkrucksack. Einen detaillierten Trainingsplan für einen Marathon habe ich noch nie befolgt und auch spezielle Laufbücher zum Thema Marathon noch nie zur Hand genommen. Probiert für euch aber bitte gerne alles aus, was euch sinnvoll erscheint. Trainiert gerne vier- oder fünfmal die Woche und probiert auch mal einen kompletten Marathon im Training aus, wenn euch das Sicherheit gibt. Zu viel Anspannung im Training kann aber genauso schlecht sein, wie zu viel Lockerheit. Nehmt euch Zeit. Setzt euch realistische Ziele. Und tastet euch nach und nach an die Marathondistanz heran. Wir sehen uns an der Startlinie!
(Titelbild: marathon-photos.com)