Tschüss, Karstadt!

Karstadt war immer schon da. Seit ich denken kann, gab es immer schon diesen markanten Betonwürfel in unserer Stadt, der sich trotz der brutalen Architektur irgendwie in das Ensemble der historischen Fachwerkhäuser einfügte. Zeitweise gab es sogar vier verschiedene Karstadthäuser bei uns. Das fette Haupthaus, rechts davon das Bettenhaus, links davon Hobby-Karstadt und etwas weiter hinten Karstadt-Sport. Nicht zu vergessen das Karstadt-Parkhaus und das Reisebüro.

Fische und Fahrräder

Ich habe mich sehr oft bei Hobby-Karstadt rumgetrieben. Ich weiß noch, dass es dort im Untergeschoss Fische und Fahrräder zu kaufen gab. In der einen Ecke stand alles voll mit Aquarien und als Kind fand ich es toll, durch die blaugrün schimmernde Abteilung zu laufen und mir die Tiere anzuschauen. In der anderen Ecke gab es Fahrräder. Zur Reparatur konnte man sein Fahrrad dort auch abgeben. Man musste es dann mit dem rumpelnden Lastenaufzug ins Untergeschoss bringen. Aufregend.

Im Erdgeschoss des Hobby-Hauses gab es Zeitschriften, Schreibwaren und den Foto-Service. Dutzende Filme habe ich dort entwickeln lassen, nachdem ich als Teenager die damals noch analoge Fotografie für mich entdeckte. Im Obergeschoss befand sich die Musikabteilung, wo ich mein Taschengeld regelmäßig für Maxi-CDs ausgegeben habe. Gefühlt verging keine Woche, ohne dass ich den Laden mit einer CD in der dazu passenden Karstadt-Plastiktüte verließ.

Nach dem Frisör zu McDonalds

Im Karstadt-Haupthaus gab es überwiegend Kleidung zu kaufen. Und im ersten oder zweiten Stock war ein Frisör untergebracht. Dort haben wir uns als Kinder regelmäßig die Haare schneiden lassen und durften zur Belohnung anschließend zu McDonalds. Im Erdgeschoss gab es mittendrin einen Bäcker. Ich erinnere mich an köstliche Rosinenbrötchen mit dicken Zuckerbrocken drauf und riesige Baguettebrötchen. Später während meiner Zeit bei der Zeitung habe ich mich dort hin und wieder für die Mittagspause versorgt.

Im Untergeschoss des Haupthauses war die Lebensmittelabteilung untergebracht, sozusagen der größte Supermarkt der Innenstadt damals. Am letzten Schultag vor den Sommerferien wurde bei uns immer auf dem Schlossberg gefeiert und dafür versorgten wir uns bei Karstadt oft mit den nötigen Getränken. Die betagte Kassiererin, die in aller Seelenruhe die Waren über den Scanner schob, werde ich nie vergessen.

Karstadt-Sport eine Nummer zu groß

Der Bau von Karstadt-Sport war eine kleine Sensation, zumindest Stadtgespräch damals. Ein altes Autohaus wurde dafür abgerissen und an der Stelle ein riesiges, modernes Kaufhaus errichtet. Doch der Hype währte nicht lange. Nach ein paar Jahren machte das Sporthaus wieder dicht. In dem Gebäude ist heute ein großer Elektronikfachmarkt untergebracht.

Auch Hobby-Karstadt schloss irgendwann seine Türen. Eine Drogeriekette riss sich das Gebäude unter den Nagel und eröffnete dort eine große Filiale. Das Bettenhaus hieß zwar immer so, doch ich kann mich nicht daran erinnern, dass es dort wirklich auch mal Betten zu kaufen gab. In meiner Erinnerung gab es dort immer nur Schnäppchen. Bücher, Spielzeug, Geschenkartikel, Sonderposten und Sonderangebote. Zum Ende hin wurde das ein bisschen ramschig. Heute steht das Gebäude leer, die Scheiben sind verhängt. Passt zum verwahrlosten Zustand es benachbarten Parkhauses.

Im Reisebüro Hawaii klargemacht

Den Frisör im Haupthaus gibt es schon lange nicht mehr. Auch der Bäcker verschwand irgendwann, ebenso die Lebensmittelabteilung und auch das Karstadt-Restaurant im Obergeschoss. Dafür gab es seit einigen Jahren wieder eine Sportabteilung. Und kürzlich eröffnete neben dem Haupteingang sogar ein neuer Imbiss. Ich selbst war in den vergangenen Jahren auch deswegen bei Karstadt, um im Karstadt-Reisebüro diverse Urlaubsreisen zu buchen, unter anderem nach Indonesien, den Urlaub auf Hawaii oder auch die Flugreise in die Türkei.

Doch genützt hat das alles nichts. Karstadt wird bald schließen und komplett aus dem Stadtbild verschwinden. Nur der markante Betonklotz wird noch an die Kaufhausvergangenheit erinnern. Bleibt zu hoffen, dass das Gebäude sinnvoll und attraktiv nachgenutzt werden kann und sich nicht zu einer Ruine mit abgeklebten Schaufenstern entwickelt.

Foto: Stefan Kübler, 2014

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