Neben vielen älteren Menschen und allgemein chronisch kranken Personen machen sich in letzter Zeit speziell viele Krebspatienten Sorgen über die Ausbreitung des Coronavirus. Auch ich habe mir öfter die Frage gestellt: Ist Corona besonders gefährlich für mich? Gehöre ich nach meiner Krebserfahrung zur Risikogruppe für eine Infektion mit Corona? Passenderweise hatte ich diese Woche einen Kontrolltermin bei meinem Urologen, der mich über das Risiko aufklären konnte.
Vor dem Termin hatte ich überlegt, ob ich ihn überhaupt wahrnehmen sollte. Ich war ja kein Notfall. Und die Empfehlungen zu den Einschränkungen der sozialen Kontakte nehme ich schon sehr ernst. Doch da von Seiten des Arztes keine Absage kam, erschien ich zum vereinbarten Zeitpunkt in der Praxis.
Vor dem Betreten der Räumlichkeiten stieß ich auf die umfangreichen Vorsichtsmaßnahmen der Praxis. Am Haupteingang wies mich ein Aushang darauf hin, dass ich nicht eintreten sollte, wenn ich die bekannten Covid-19-Symptome wie Husten und Fieber aufwies. Auch bei einem Aufenthalt in einem Risikogebiet und bei Kontakt zu infizierten Personen sollte ich besser fernbleiben, hieß es. Da ich alles verneinen konnte, trat ich ein.
Der flurähnliche Vorraum war menschenleer. In großem Abstand zueinander waren Stühle aufgestellt, vermutlich als alternativer Wartebereich außerhalb des eigentlichen Wartezimmers. Auf einem Tisch stand eine Flasche mit Desinfektionsmittel. Daneben hing die Aufforderung, sich die Hände im angeschlossenen Toilettenraum zu waschen und anschließend zu desinfizieren. Ich folgte den Anweisungen und trat an die Tür zum Empfang. Dort hing ein weiterer Zettel mit der Bitte, dass Patienten nur einzeln eintreten sollten. Durch die Glasscheibe erkannte ich, dass ich alleine war und trat ein.
In der Praxis waren alle sehr auf Abstand bedacht. Lange musste ich nicht warten, denn ich war zu diesem Zeitpunkt der einzige Patient. Mein Arzt winkte mir zur Begrüßung freundlich zu und wir plauderten im Sprechzimmer etwas über die aktuelle Lage. Die Untersuchung verlief wie erwartet ohne Probleme. Keine Auffälligkeiten, keine Beschwerden, perfekte Nachsorge. Gute Nachrichten in sonst so merkwürdigen Zeiten.
Gehöre ich zur Risikogruppe für eine Infektion mit Corona?
Schließlich kamen wir auf das Thema Risikogruppe zu sprechen, das ich gerne geklärt haben wollte. Der Urologe zog beim Nachdenken kurz die Stirn kraus. Nach einem Blick auf meine Daten gab er Entwarnung: In seinen Augen gehörte ich nicht zur Risikogruppe in Sachen Corona. Meine Krebserfahrung sei ja nun schon dreieinhalb Jahre her und aktuell befände ich mich auch nicht in Behandlung. Mein Tumor sei außerdem lokal behandelbar gewesen und hätte nicht metastasiert und sich ausgebreitet. Aus diesem Grund hätte ich damals auch keine Chemotherapie erhalten müssen, die mein Immunsystem zusätzlich geschwächt hätte. Keine Alarmsignale also für ein erhöhtes Risiko. Er sagte noch, dass in Sachen Krebs eher Patienten mit Leukämie gefährdet seien.
Nach diesem für mich positiven Termin verließ ich die Praxis wieder. Meine Vermutung hatte sich bestätigt: Ich gehöre offenbar nicht zur Corona-Risikogruppe.
Das heißt natürlich nicht, dass ich mir jetzt gar keine Sorgen mehr um Corona mache und alle Hemmungen fallen lasse. Türklinken in Italien ablecken fällt erstmal flach. Und ein zurückhaltendes Sozialleben ist weiterhin angebracht, allein schon aus Rücksicht auf die wirklichen Risikogruppen. Denn auch ohne Symptome oder schwere Krankheitsverläufe kann jeder Mensch Wirt und Überträger des Coronavirus sein. Das sollte jedem klar sein.
Natürlich sind die momentanen Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht schön und teilweise geradezu beängstigend. Doch ich vertraue auf die Wissenschaft, wenn sie empfiehlt, genau das jetzt zu tun, um eine Ausbreitung so weit es geht zu verlangsamen.
Und natürlich wird es jetzt Frühling und alle wollen raus in die Sonne und Eis essen. Doch ich befürchte, dass uns auch der Sommer flöten geht, wenn wir uns jetzt im Frühling nicht etwas einschränken. Und eine Ausgangssperre bei 30 Grad im Juli will doch wohl niemand.
Ich bleibe optimistisch und vernünftig. Ich habe noch neun Rollen Klopapier, fünf Pakete Nudeln, eine Dosensuppe und etwas Nutella. Den Rest kann ich mir jeden Tag frisch einkaufen. Ich raste doch jetzt nicht aus. Niemand sollte das. Bleibt gesund!
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