Früh aufstehen hasse ich. Vor allem für einen Arzttermin. Wenn der Arzt dann auch noch 50 Minuten mit dem Auto entfernt ist, ist der Tag eigentlich schon gelaufen, bevor er angefangen hat.
Doch ich musste da jetzt durch. Nach meinem ersten Besuch beim Proktologen ein paar Wochen zuvor hatte es leider kein eindeutiges Ergebnis des HPV-High-Risk-Screenings gegeben. Der Abstrich musste also wiederholt werden. Natürlich vor Ort. Aber warum so früh?
Ich quälte mich also vor Sonnenaufgang aus dem Bett, begnügte mich mit einer Frühstücksbanane und setzte mich ins Auto. Frau und Kind schliefen noch. Es regnete. Typisches niedersächsisches Vorweihnachtswetter Mitte Dezember. Auf ein richtiges Frühstück samt Kaffee verzichtete ich erstmal. Mich ohne entspannte Toilettenroutine am Morgen am Darmausgang untersuchen zu lassen, wäre mir unangenehm gewesen. Dann lieber nüchtern bleiben und auf ein spätes Frühstück freuen.
Die 50-minütige Autofahrt über Bundesstraße und Autobahn in die benachbarte Großstadt verlief ohne Probleme. Die vertrauten Stimmen der Radio-Morningshow vertrieben sowohl die morgendliche Trostlosigkeit als auch meine Anspannung. An der Praxis bekam ich einen Parkplatz direkt vor dem Eingang. Ich war zehn Minuten zu früh dran, meldete mich aber trotzdem schon an. Vielleicht käme ich so auch früher dran, war meine Hoffnung.
Pustekuchen. Trotz meiner Überpünktlichkeit und der recht frühen Uhrzeit musste ich fast eine ganze Stunde warten. Währenddessen das gewohnte Szenario mit halb betäubten Rentnern, die nach ihrer Darmspiegelung 15 Minuten warten sollten, bevor sie von ihrer Begleitperson abgeholt werden durften.
Ich wurde aufgerufen. Der Arzt vom letzten Mal begrüßte mich mit einem gut gelaunten „Moin!“. HPV-Abstriche waren offenbar Chefsache.
Während er mit dem Wattestäbchen hantierte, plauderten wir über frühes Aufstehen („Früh?! Ich bin schon seit fünf Uhr hier!“) und das Leben mit kleinen Kindern. Obwohl er mir etwas anderes versichert hatte, fühlte sich die Abstrichprozedur kurz etwas unangenehm an. Vielleicht wollte er sichergehen, dass diesmal alles glatt ging.
Ich zog die Hose wieder hoch, wir wünschten uns Frohe Weihnachten und dann war ich auch schon wieder auf dem Weg nach Hause. Mit einem großen Kaffee und einem späten Frühstück versuchte ich, den durcheinandergeratenen Tag wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
Wenige Tage später bekam ich den Befund per Post. Gute Nachricht: Er war diesmal eindeutig, und zwar eindeutig negativ. Von HPV keine Spur. Empfehlungen: Keine. Eine tolle Neuigkeit so kurz vor Weihnachten.
Und einen kleinen Schmunzler zauberte mir das Schreiben auch ins Gesicht. Unter „Anamnese“ stand dort nämlich: „Knubbel am Po“. Ich freue mich, dass sich die medizinischen Fachbegriffe offenbar so langsam der Umgangssprache annähern. Frohe Weihnachten allerseits!
(Foto: Bruno Curly/Pexels)