Papa und sein Bierchen

Männer müssen saufen. Immer und überall. In jeder Lebenslage muss das Bier ein treuer Begleiter des Mannes sein. Ein Mann ohne Bier ist kein Mann. Ein Mann funktioniert nicht ohne Bier. Und auch, wenn er mal zu viel getrunken hat, muss er funktionieren. Was auch passiert: Der Mann darf auf keinen Fall aufhören zu saufen. So zumindest scheint es, wenn man sich in der Gesellschaft einmal umhört. Und diese Verherrlichung von Alkohol geht mir ganz schön auf den Sack.

Letztens erst, da saß ich mit Frau und Kind im Restaurant. Es gab Schnitzel mit Pommes. Nichts wildes, aber der drei Jahre alten Tochter hat es gefallen. Nach dem Bezahlen kam der Chef zu uns an den Tisch und fragte, ob wir in der Nähe wohnten. Im Sommer würde er ja draußen auch viel für Kinder machen, Hüpfburg und so. Und da könne der Papa dann sonntags sein Bierchen trinken, während die Kinder spielten…

Ich fand so ziemlich alles an dieser Aussage falsch. Wieso muss ich denn „mein Bierchen trinken“, während sich meine Kleine nebenan auf dem Spielplatz amüsiert? Wieso muss „dem Papa“ überhaupt irgendwo ein Plätzchen bereitgestellt werden, wo er „sein Bierchen trinken“ kann? Wo er die ach so lästige, aber scheinbar ja doch irgendwie übliche Kinderbetreuung mit seinem unverzichtbaren Alkoholkonsum kombinieren kann? Ist das das Paradies? Ich denke nicht.

Mein Kind wird nicht ewig Kind sein. Wenn eines in Bezug auf das Aufwachsen von Kindern stimmt, dann, dass die Zeit unglaublich schnell vergeht. In den vergangenen sechs Wochen ist das Kind doch tatsächlich schon dreieinhalb Jahre alt geworden. Die nächsten sechs Wochen bis zur Einschulung und die anschließenden drei Monate, bis das Kind in seine eigene Wohnung zieht möchte ich nicht damit verplempern, benebelt und aus dem Mund nach Alkohol stinkend die Zeit auf dem Spielplatz irgendwie rumzukriegen.

Wieso muss ich denn Saufen und Kindererziehung miteinander kombinieren? Es gibt doch keinen besseren Grund, auf Alkohol zu verzichten, als sich um das eigene Kind zu kümmern, oder? Vor allem sonntags auf dem Kinderspielplatz.

Als Höhepunkt der Geschmacklosigkeit in diesem Bereich empfinde ich aber die verschiedenen „Ratgeber“, die man in einschlägigen Online-Shops zum Thema „Verkaterte Väter“ kaufen kann. Da werden einem doch ernsthaft Vorschläge gemacht, wie man am Morgen nach der Partynacht mit verballertem Kopf mit seinen Kindern spielen kann. Von „katerfreundlichen Spielen im Liegen“ ist da die Rede und es werden Illustrationen gezeigt, wie die lieben Kleinen beispielsweise den bewusstlosen Vater im Bett mit Socken dekorieren und ihn auf diese Weise in ein „Katermonster“ verwandeln.

Solche „Ratschläge“ finde ich ekelhaft und peinlich. Wer sich solch ein Buch im Internet bestellt, dem sollte automatisch ein Termin bei der Suchtberatung gemacht werden. Und was das Jugendamt von solchen Eltern hält, möchte ich auch gerne mal wissen.

Nicht falsch verstehen: Ich bin kein Anti-Alkoholiker. Bei ausgewählten Gelegenheiten genieße ich gerne mal ein alkoholisches Getränk. An Silvester beispielsweise habe ich mit meinem Bruder ein hervorragendes India Pale Ale aus Bayern genossen. Aber die Gelegenheiten, bei denen ich Alkohol trinke, lassen sich mittlerweile an wenigen Fingern abzählen. Eine Kiste Bier, die ich an Weihnachten kaufe, reicht oft bis zum Sommeranfang. Häufig kippe ich abgelaufenes Bier weg, die Todsünde für jeden Säufer.

Und ganz wichtig: Ich kenne und respektiere meine Grenzen. Einen richtigen Alkohol-Kater hatte ich schon seit Jahren nicht mehr. Dafür bin ich noch viel zu sehr mit dem Krebs-Kater beschäftigt.

Nennt mich gerne einen Moralapostel, ist mir egal, aber wer seinen Kindern zuliebe nicht auf Alkohol verzichten kann, der hat ein Problem. Und wenn Kinder auf diese Weise an die Selbstverständlichkeit von Alkohol im Alltag herangeführt werden, dann werden auch die irgendwann mal ein Problem damit haben.

In Deutschland sterben jedes Jahr rund 62.000 Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum. Das sind ungefähr sieben Menschen pro Stunde, 170 an nur einem Tag. Manche von ihnen vielleicht Väter. Und die können ihren Kindern dann nicht mehr beim Spielen zuschauen.

(Foto: Pavel Danilyuk/Pexels)

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