Vor einiger Zeit habe ich mal eine kleine Internetpanne auf der Instagramseite einer Krebsinitiative verursacht. Ich hatte eigentlich nur einen einzigen Kommentar unter einem Bild abgesetzt. Ein technischer Fehler führte jedoch dazu, dass dieser Kommentar immer wieder neu gepostet wurde, sobald ich Instagram aufrief. Und so kam es, dass mein Kommentar nach kurzer Zeit in gut zwanzigfacher Ausführung unter diesem Bild stand.
Mir selber wäre das gar nicht aufgefallen, hätte mich nicht der Administrator der Seite, den ich persönlich kannte, angeschrieben und darauf hingewiesen. Wir schrieben ein bisschen hin und her und ich entschuldigte mich. Er hatte selbst Krebs, wir verstanden uns.
Schließlich schrieb er: „Ich dachte mir schon, dass es nicht dein Fehler war. Einen Hirntumor hattest du ja nicht. Auch wenn es heißt, Männer haben das Hirn zwischen den Beinen.“
Ein Witz über Krebs. Mit Anspielung auf meinen Peniskrebs. Bisschen grenzwertig, aber so mochte ich das in diesem Moment. Und vor allem wusste ich, von wem er kam. Von einem Menschen mit Krebs, der ähnliches durchgemacht hatte wie ich, wenn nicht sogar schlimmeres. Schwarzer Humor als Bewältigungsstrategie kommt dabei von ganz allein.
Humor unter Krebspatienten
Zu meinen weiteren Krebsbekanntschaften gehört auch ein Polizist. Er selbst hatte auch Krebs, wurde operiert und die langen Narben sind bis heute sichtbar. Er betreibt viel Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung, auch durch das Zeigen seiner Narben.
Ich selbst kann meine Narben nur schwer zeigen. Die meisten davon liegen im Intimbereich. „Wenn ich meine Narben öffentlich zeige, werde ich von dir wahrscheinlich verhaftet“, sagte ich eines Tages zu ihm. Wir lachten herzlich. Humor unter Krebspatienten kann befreiend wirken.
Lockerheit und Fingerspitzengefühl beim Umgang mit Krebs
Und letztens erst, da stand ich für ein Krebsprojekt in Nordrhein-Westfalen vor der Kamera. Zuerst wurde ich interviewt und durfte meine Krebsgeschichte erzählen. Im zweiten Teil schlüpfte ich in meine Laufsachen und wir drehten ein paar Sequenzen mit mir beim Laufen.
Ich hatte extra das Outfit angezogen, das ich bei meinem ersten Marathon getragen hatte. Das T-Shirt hatte ich selbst gestaltet und unter anderem einen stilisierten Penis als Verweis auf meinen Peniskrebs aufdrucken lassen. Der Kameramann wuselte um mich herum. Kam mal von rechts, dann wieder von links, lief neben mir her, filmte mich von nah, dann wieder von fern.
„Ich möchte nochmal den Penis sehen“, sagte er plötzlich.
Mir war sofort klar, was er meinte.
„Also, du weißt, was ich meine, oder?“
„Klaro!“, sagte ich und grinste. „Ihr habt die Lockerheit verstanden, das freut mich.“
Jetzt grinste auch er. Wir verstanden uns und er machte noch ein paar Nahaufnahmen von dem aufgedruckten Penis. Er war zwar kein Krebspatient, aber in dieser kreativen Atmosphäre und weil ich diese Lockerheit bei solchen Terminen sehr zu schätzen weiß, fand ich diese Bemerkung durchaus angebracht.
Schmaler Grad zwischen Humor und Respektlosigkeit
Humor ist eine gute Sache. Humor bei Krebs hilft, die vielen Schrecklichkeiten, die man während der Reise erlebt, zu verarbeiten. Humor zwischen Krebspatienten ist ein Segen.
Bei Unbeteiligten sieht die Sache anders aus. Nur weil Krebspatienten Witze über ihre Krankheit machen, heißt das nicht, dass unbeteiligte Unbehelligte das auch dürfen. Da gibt es einen schmalen Grad zwischen Humor und Respektlosigkeit. Fingerspitzengefühl ist gefragt, sonst kann ein kleiner Spruch eine große Katastrophe auslösen.
Krebspatienten dürfen Witze über Krebs machen. Menschen mit Behinderung dürfen Witze über Behinderungen machen. Luke Mockridge darf das nicht.
(Bild: Andrea Piacquadio/Pexels)