Alles nur SBAß (7:15)

Der neue Stefan Seppolog Auszeichnung

„Mir reicht’s!“, rief ich kürzlich voller Inbrunst in die Welt, doch niemand nahm es wahr. Die Worte verhallten ungehört in den Weiten meines Arbeitszimmers.

„Mir steht’s bis hier!“, versuchte ich es erneut. Dazu berührte ich mit der Kante meiner flachen Hand meine Nasenspitze, um dieses „hier“ zu verdeutlichen. Wieder keine Reaktion. Meine Entrüstung prallte an den kahlen Wänden meines Büros ab.

„Ich mache da nicht mehr mit!“ Bei diesen Worten drohte ich meinem Computerbildschirm mit der Faust. Darauf zu sehen war das Abbild eines Mannes, der die deutsche Bloggerwelt seit einigen Monaten so fest im Griff hat, wie niemand sonst: Seppo, Mastermind und Chefchirurg beim Seppolog, ausdrücklich NICHT als Blog gekennzeichnet, denn auch der Meister selbst möchte nicht als Blogger bezeichnet werden. „Du sollst dir kein Abbild von mir machen…“ – Ihr wisst Bescheid.

Dieser Seppo treibt es aktuell auf die Spitze, indem er eine Schaar fähiger und vor allem höriger Blogger um sich versammelt und sie mit pseudo-kreativen Aufgaben auf die Probe stellt. Am Ende dieser Tortur soll die „Seppo-Blog-Auszeichnung“ (SBA) warten. Ruhm und Ehre verspricht der Initiator seinen Schäfchen und alle blöken begeistert auf. Ich kann das nicht mehr!

„Lieber Seppo, ich mache bei deinem Award… sorry, deiner AUSZEICHNUNG nicht mehr mit! Das kannste abessen! (Kennt noch jemand außer mir diese Redewendung? Meldet euch bitte!) Ich habe keine Muße mehr, mich jede Woche um einen anderen Award, eine Auszeichnung, einen Fragebogen und sonstige Spielchen zu kümmern! Ich habe seit Monaten keine eigenen Beiträge mehr verfasst, weil ich ständig um Antworten für den Liebster-Award oder die Erfüllung von Aufgaben gebeten werde. Dazu kommen unzählige Kommentare, Leserbriefe, TV-Anfragen, Autogrammwünsche, Charity-Veranstaltungen und Promi Big Brother, um die ich mich kümmern muss. Ich muss jetzt einen Schlussstrich ziehen. Einen Cut machen, wie man so schön sagt. Der Rubikon ist überschritten! Sorry, Bussi, viele Grüße, Stefan.“

Nachdem ich diese Worte auf eine Postkarte geschrieben hatte und diese ausreichend frankiert und mit der Adresse „Seppolog International Entertainment, Seppo Avenue No. 1, New York“ versehen in den Briefkasten geworfen hatte, fühlte ich mich befreit.

Ein paar Tage später erhielt ich per Brief ein Antwortschreiben aus dem Hause Seppo:

„Lieber Steffen, vielen Dank für dein Interesse an der Seppo-Blog-Auszeichnung. Schön, dass du dabei bist. Bitte beachte, dass Einsendungen per Post nicht berücksichtigt werden. Beiträge dürfen ausschließlich im Internet innerhalb deines eigenen Blogs veröffentlicht werden. Viel Spaß beim Schreiben! Keep the Spirit alive!“

Dem Brief beigefügt waren eine kleine Tüte Gummibärchen sowie ein Autogramm des Meisters auf einem Foto, auf dem er mit Sonnenbrille und Hut zusammen mit ein paar Kindergartenkindern beim Malen mit Fingerfarbe zu sehen war. Süß.

Ich war verstört. Dieses vorgefertigte 0815-Antwortschreiben hatte ich nicht erwartet. Ich entschloss mich, zu handeln.

„Canceln Sie meine Termine und buchen Sie mir ein Ticket nach New York!“, gab ich Anweisung an meine imaginäre Sekretärin. Anschließend cancelte ich meine Termine und buchte mir ein Ticket nach New York. In meinem Koffer landeten nur die nötigsten Dinge. Meinen Nasenhaartrimmer und eine Duftkerze habe ich immer dabei. Dem Gestrüpp im Riechkolben werde ich seit einiger Zeit kaum noch Herr und auch das stärkste Deo kommt langsam nicht mehr gegen meinen Verwesungsgeruch an. Zum Lesen packte ich einen H&M-Katalog ein. Um nicht zu viel Zeit mit blättern zu verplempern, markierte ich mir den Teil mit der Damenunterwäsche mit einem Post-it. Auch mein wasserdichter Zylinder durfte nicht fehlen. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn ich im Notfall keine freie Toilette finde. Viele fragen mich immer, warum ich stets mit einer Tür reise. Die Antwort ist ganz einfach: Falls mir zu heiß wird, kann ich sie aufmachen und frische Luft reinlassen. (gnnnaahaha, Brüller!)

Zur Sicherheit (man weiß ja nie!) packte ich einen Volleyball-Schläger ein. Diese „Violence-Ball“ genannte Volleyball-Variante, bei der sich die Spieler zwischen den Spielzügen mit Schlägern kampfunfähig prügeln dürfen, hat der Meister höchstpersönlich erfunden. Für etwas Unterhaltung und Zeitvertreib landete eine Landkarte von Tasmanien in meinem Koffer. Sollte mich auf meiner Reise jemand nach dem Weg fragen, wollte ich ihn mit Hilfe dieser Karte erklären. Egal wohin. Als letzten Gegenstand verstaute ich den „Textomat 2000“ im Koffer. Diese Erfindung stammte von mir. Den Automaten musste man nur mit zwei, drei Stichworten und einem Themenschwerpunkt füttern und innerhalb von wenigen Sekunden spuckte er einem einen 1000-Wörter-Text aus, der an Kompetenz und Pläsier nicht zu überbieten ist. Vor allem für unterwegs ein unverzichtbarer Gegenstand. Ich platzierte ihn direkt neben dem geheimnisvollen Kästchen.

Der Flug nach New York verlief ohne Probleme. Als die Flugbegleiterin mich fragte, was ich trinken wollte, zückte ich die Landkarte von Tasmanien und antwortete: „Tomatensaft bitte.“

Beim Landeanflug auf den JFK-Airport erblickte ich in der Ferne die funkelnde Fassade des Seppo-Towers in Manhattan. Eine zweistündige Taxifahrt später stieg ich vor dem Eingangsportal des Medienzentrums aus und ging zielstrebig in die Lobby.

„Guten Tag, ich bin der Stefan, ich habe keinen Termin“, sagte ich zu der Dame an der Rezeption.

„Einen Moment bitte.“ Die Dame wählte eine Nummer und sprach ins Telefon: „Stefan ist da. Er hat keinen Termin.“ Sie legte auf und blickte mich an. „Sie können gleich hoch in den 78. Stock. Seppo erwartet Sie bereits.“

Ich hatte geahnt, dass es so reibungslos ablaufen würde. Seppo war ein Mann des Volkes, der trotz seiner Bekanntheit auf Sicherheitspersonal jeglicher Art verzichtete. So gelangte ich problemlos bis ins Büro des Blogger-Moguls. Es erstreckte sich über die komplette oberste Etage des Seppo-Towers.

Nachdem ich durch die Tür getreten war, konnte ich Seppo zunächst nur als kleinen Punkt am anderen Ende des riesigen Raumes erahnen. Erst als ich den halben Weg zurückgelegt und die Wasserspiele, die Bowlingbahn sowie das in dezenter Lautstärke musizierende Violinenquartett passiert hatte, bemerkte Seppo meine Anwesenheit, erhob sich hinter seinem gewaltigen Schreibtisch und kam mir mit ausgebreiteten Armen entgegen.

„Stefan!“, rief er.

„Seppo!“, rief ich.

Wir fielen uns in die Arme, als hätten wir uns jahrelang nicht gesehen. Dabei hatten wir uns noch nicht ein einziges Mal getroffen.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte Seppo, während wir in der großzügigen Lounge-Ecke mit Blick auf den Central Park Platz nahmen.

„Ich werde an deiner Seppo-Blog-Auszeichnung nicht teilnehmen“, antwortete ich mit fester Stimme.

Falls ihn diese Neuigkeit innerlich berührte, ließ sich Seppo davon nichts anmerken.

„Schon ok“, war seine knappe Reaktion. „Sonst noch was?“

Ich holte das geheimnisvolle Kästchen hervor und reichte es ihm. Als er den Deckel der kleinen Schatulle hochklappte, wurde der komplette Raum von gleißendem, goldenen Licht durchflutet. Seppo musste seine Augen mit der Hand abschirmen. Schließlich griff er in das Kästchen und holte den Gegenstand heraus, der sich darin befand. Es war ein vergoldeter Edding mit einer glühend rot leuchtenden Spitze.

„Dieser Stift soll dich bis an dein Lebensende von allen Schreibblockaden und kreativen Hängern fernhalten“, sagte ich. „Benutze ihn und du wirst nie wieder schlechte Texte schreiben.“

„Moment mal“, sagte Seppo. „Hast du diese Idee nicht aus dem ersten Werner-Film geklaut? Und überhaupt: Was soll das heißen, schlechte Texte?!“

„Hallo? Hallo!“, machte ich. „Seppo? Ich… sorry… chhhrrr… schlechten Empfang… mää…gnn…“

Puh, diesen peinlichen Moment hatte ich geschickt überspielt.

Wir ließen den Tag bei einer entspannten Runde „Violence-Ball“ auf dem Dach des Seppo-Towers ausklingen. Gegen den Meister hatte ich keine Chance. Mühsam musste ich danach im Krankenhaus wieder zusammengeflickt werden. Erst zwei Wochen später konnte ich wieder laufen und nach Hause zurückkehren. Seppo hat den goldenen Edding bis heute nicht benutzt.

 

Dieser Beitrag ist im Rahmen der Seppo-Blog-Auszeichnung (SBA), Runde 3, entstanden.

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