Das Jahr nach meinem zwölften Geburtstag muss das aufregendste Jahr meines Lebens gewesen sein. Was ich da alles erlebt habe! Zumindest ist das in meinen Erinnerungen so.
„Ich habe erst einmal in meinem Leben meinen Schlüssel verloren“, habe ich mich erst vor kurzem erinnert. „Da war ich so zwölf. Das war im Kino. Die Putzfrau hat ihn aber wiedergefunden und ich konnte ihn am nächsten Tag abholen.“
Aufregend, oder?
Und letztens erst habe ich folgendes Gespräch geführt:
Ich: „Also Risotto mag ich ja gar nicht.“
Mein Gegenüber: „Wann hast du denn zuletzt Risotto gegessen?“
Ich: „Da war ich so zwölf.“
Essen muss in dieser Zeit eine ziemlich große Rolle gespielt haben. Nachdem ich mit zwölf zum letzten Mal Risotto gegessen hatte, probierte ich zum ersten Mal chinesisches Essen. Und ich fand es fürchterlich. Wir waren irgendwo im Urlaub in Deutschland und ich kann mich noch gut an das gelb-orangene Hähnchenfleisch mit der sauren Soße erinnern. Es dauerte Jahre, bis ich chinesisches Essen wieder an mich heran ließ.
Mit zwölf habe ich außerdem zum ersten Mal einen Hamburger gegessen. Das war besser.
Mein zwölfter Geburtstag markierte außerdem meinen Übergang vom Kind zum Erwachsenen. Kurz vorher war ich noch mit vollständiger Piratenausrüstung zum Kinderfasching in unsere Turnhalle geradelt und hatte einen kompletten Nachmittag mit Fanta, Schaumwaffeln und einem Hindernisparcours aus Sportmatten verbracht. Ich merkte an diesem Tag bereits, dass etwas nicht stimmte. Die anderen Kinder waren alle viel kleiner als ich und von meinen Freunden aus der Nachbarschaft war auch keiner mehr da. Ich wischte meinen Schnurrbart ab, versteckte den Piratenhut in meinem Rucksack und radelte wieder nach Hause.
Mit zwölf durfte ich bei Familienfeiern endlich am Erwachsenentisch sitzen. Außerdem hatte ich jetzt eine Brille, sodass Brille putzen und verbogene Bügel gerade biegen einen Großteil meiner Freizeit beanspruchte. Ich fing außerdem an, ernsthaft Musik zu hören. Das lag größtenteils daran, dass ich zum Geburtstag zur Abwechslung mal eine Kassette mit Rockmusik darauf bekam. In meiner Plattensammlung fanden sich bis dahin meistens nur Alf-Hörspiele oder die größten Hits aus den Walt-Disney-Filmen.
Meine eigene musikalische Karriere ging mit zwölf dagegen langsam zu Ende. Blockflöte spielen war gar nicht so cool, wie meine Eltern immer erzählt hatten und meine Konzerte vor dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer der Großeltern ernteten nur mäßigen Applaus.
Dafür ging es jetzt mit der Sportlichkeit steil bergauf. In Anlehnung an das Dreikaiserjahr nenne ich das Jahr nach meinem zwölften Geburtstag gerne das Drei-Sportarten-Jahr. Zu Beginn stand ich noch bei meinem Tischtennisverein unter Vertrag. Das machte bald aber keinen Spaß mehr und ich begab mich auf die Suche nach einem neuen Sport. Einen Nachmittag schnupperte ich in eine Trainingseinheit Taekwondo hinein. Danach hatte ich drei Tage lang Muskelkater und kam nur unter Schmerzen die Treppe in mein Zimmer hinauf. Schließlich fand ich mein Glück beim Rudern. Die Beziehung hält bis heute.
Was war noch? Ach ja! Mit zwölf bekam ich zum ersten Mal ein richtig tolles Mountainbike. Das hatte 21 Gänge. Und ich bekam richtig coole Turnschuhe. Die waren so cool, dass mir mein Bruder sogar eine Gegenleistung anbot, wenn er die nur einmal anprobieren dürfte. Mit den Schuhen bin ich dann mit meinen 21 Gängen voller Stolz in die Schule geradelt. Dort habe ich mit zwölf übrigens zum letzten Mal eine Schluckimpfung bekommen.
Das Jahr nach meinem zwölften Geburtstag ging genauso spektakulär zu Ende, wie es begonnen hatte. Zum ersten Mal durfte ich an Silvester bis Mitternacht aufbleiben, Feuerwerk anschauen und selber kleine Kinderfontänen zünden. Ich war ziemlich aufgeregt und ich hatte Sorge, dass ich es nicht schaffen würde, bis Mitternacht wach zu bleiben. Während im Wohnzimmer „Lachsalven und Juxraketen“ im Fernseher lief, ging ich in regelmäßigen Abständen ins Badezimmer und schöpfte mir eiskaltes Wasser ins Gesicht, um nicht einzuschlafen. Die Strategie ging auf und wenig später ließ ich mit meinen Knallerbsen die Nachbarschaft erzittern.
Die restlichen Wochen bis zu meinem 13. Geburtstag gingen ohne große Vorkommnisse zu Ende. In dem Alter ist man ja schließlich nicht mehr für jeden Kinderquatsch zu haben. Mit 13 war ich dann zunehmend mit Pickeln, danach mit Mädchen und ein paar Jahre später mit Alkohol beschäftigt. Schließlich kamen noch Autos dazu, anschließend Studium, Arbeit, Geld und Weltreisen.
Voll stressig.
Vielleicht sehe ich das anders, wenn ich mal Rentner bin. Die Geschichte, die ich dann schreibe, heißt „Da war ich so 35“.
[…] plötzlich sitze ich selber wieder im Bus. Damals. Mit elf oder zwölf Jahren. Oder besser gesagt: Ich stehe. Mit dutzenden anderen Kindern stehe ich im Gang des Busses. Alle […]
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[…] wirklich der Realität entsprungen. So philosophiere ich beispielsweise über meinen Großvater und mein 12-jähriges Ich. Im Sommer schreibe ich das erste Mal über die Deutsche Bahn. Es bleibt lange eines der […]
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[…] was das Kochen angeht. In meinem Leben habe ich eigentlich nie wieder so gut gegessen wie in meiner Kindheit sonntags am Mittagstisch. Rouladen, Sauerbraten, Wurstsalat, Apfelkuchen – Meine Mutter kann […]
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[…] Situation, in der mir ganz offensichtlich klar geworden war, dass ich eine Brille brauchte. Ich war zwölf Jahre alt und hatte erfolgreich und ohne Zwischenstopps die sechste Klasse erreicht. Damals gab es noch die […]
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[…] ziehen sich bei mir gerne mal über mehrere Wochen. Aus meiner Kindheit kenne ich noch Sätze wie „Drei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie, drei Tage geht sie“ oder […]
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[…] dass bei den Evangelen eher am 10. November gesungen wird. Dieses Datum hatte ich auch noch aus Kindertagen in Erinnerung. Wir konnten also wie geplant starten. Den Beginn musste ich allerdings allein […]
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[…] Mit 12 ist es ja vielleicht noch lustig und man hält es für unglaublich kreativ, wenn man „Alles Gute zum Schlüpftag“ gewünscht bekommt. Aber mit 40 oder gar 60? […]
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[…] durch die ganzen Verrenkungen nämlich mit einem Muskelkater zu kämpfen, den ich das letzte Mal vor 25 Jahren nach einer Trainingseinheit Taekwondo erlebt habe. Natürlich sieht die Schiebetür jetzt gut aus, […]
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[…] fordere einen Facebook-Führerschein für alle! Den müsste jeder in der Schule, vielleicht so mit zwölf Jahren, bestehen, um anschließend im Internet korrekt auftreten zu können. Es muss ja nicht gleich ein […]
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[…] ich Kaffee trinke, trinke ich Kaffee mit Milch und Zucker. Immer schon. Ok, das allererste Mal vielleicht nicht, als ich noch nicht wusste, ob mir Kaffee überhaupt schmeckt. Den allerersten […]
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[…] ich einen Großteil immer noch als meine Freunde. Und das liegt in erster Linie an den gemeinsamen Erlebnissen und Erfahrungen aus der Zeit, als wir uns noch häufiger getroffen haben. Obwohl ich jemanden lange nicht mehr […]
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[…] mir richtig albern vor, wie ich partyfertig und ganz allein auf meinem Sofa warte. Wie ein kleines Kind, das noch an den Weihnachtsmann glaubt. Um halb elf gehe ich in die Küche und schmiere mir ein […]
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[…] Rosenduft? Stimmt. Jetzt wo sie es sagen. Ich hab das schon früher mal gehört. Irgendwann in den 90ern hat das jemand mal gesagt. Aber das ist doch schon so lange […]
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